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Rockige Oldies: Es geht weiter - The Beat goes on

Der Hit „The Beat goes on“ von Sonny & Cher glich einem Versprechen. Was haben die Musiker der einstigen heimischen Beat-Szene eigentlich daraus gemacht? Eine Spurensuche offenbart Spannendes.

Der frühere Drummer Hans Liẞeck, jetzt Hans von der Forst, mit seinen German Blue Flames. FOTOS: ARCHIV

Die gute Nachricht vorweg: Es ist nicht das Privileg der Stones, noch mit gut 80 handgemachten Rock bei Live-Konzerten zu präsentieren. Nehmen wir Hans von der Forst, der als „rockiger Paradiesvogel“ bekannt ist. Wer alt genug ist, kennt ihn noch als Drummer der Band German Blue Flames. Unvergessen, wie er mit einem Dackelblick das Schlagzeug mit einem Hammer bearbeitete. In der Vestlandhalle rangierte das Quintett in den Sechzigern in der Publikumsgunst vor der Profi-Truppe The Lords aus Berlin.

Vollblutmusiker Raimund Eckholt inmitten seiner früheren Gruppe Bandbox.
Vollblutmusiker Raimund Eckholt inmitten seiner früheren Gruppe Bandbox.

Im Alter von bald 82 Jahren managt der Dorstener das renommierte „Rockorchester Ruhrgebeat“, dessen Gründungsvater er auch ist. Wo immer dieser gewaltige Klangkörper auftritt, wird das Orchester gefeiert. Auf die Frage, wie lange er noch den stressigen Manager-Job auszuüben gedenkt, antwortet Hans von der Forst entspannt: „Das hängt davon ab, wann der Junge da oben meinen Schluss-Akkord anstimmt.“

Die Nähe zu Woodstock und zum Genre der Hippies

Die Flamme früherer Rockmusik trägt der etwas jüngere Ludger Perpeet sogar recht anspruchsvoll weiter. Bereits 1964 stand der gebürtige Recklinghäuser als Bassist der Crashers auf den Brettern der Vestlandhalle. Inzwischen lebt und musiziert der Diplom-Psychologe im Wendland und in Hamburg.

Die Nähe zu Woodstock und zum Genre der Hippies pflegt er parallel zur Musik von den Beatles und Rolling Stones. Seine Band Johnny B. on the bridge with flowers wagt sich mit Erfolg an Titel von Pink Floyd. Reingetragen von Gitarrist Mike Linstead. Der Brite hat dieselbe Schule besucht wie David Gilmore. Und Mary Waters, Mutter von Roger Waters, war seine Grundschullehrerin in Cambridge!

Einen „Saitensprung“ vollbringt der Gitarrist Raimund Ekholt, Jahrgang 1949. Den einstigen Beatmusiker der Dakotas erlebt man aufgrund seiner Vielseitigkeit und Experimentierfreude in unterschiedlichen Genres. Statt Beat ist eher Bossa Nova und Swing angesagt. So spielt der Recklinghäuser in der Formation Bossa Velha. Darin wirkt auch Johannes Echterhoff mit, zu Beatzeiten Mitglied der Dying Race.

Raimund Ekholt ist seit Jahren ein geschätzter Gitarrenlehrer. Woody Holzinger, Chef der Band Big Wheel, vermutet: „Es gibt nur wenige Gitarristen in hiesigen Gruppen, die nicht ihr Handwerk bei Raimund erlernt haben.“

Eine echte aktive Beat-Rentnerband sind die Shaggys. In früher Jugend trommelte Arno Welke (76) bei den Blue Boys in Herten.

An der Gitarre damals Peter Hedrich, der Jahrzehnte später als Peter Kent den Ohrwurm „,It's a real good feeling“ landete. Mit Jürgen Grenz ist bei den Shaggys ein weiterer Veteran aktiv. Der Saxophonist begann seine Karriere als Beatjünger bei den Curries. Als die Crashers ihre Soulphase hatten, bereicherte er Titel von Wilson Picket und James Brown mit seinem Blasinstrument.

„Ich klimpere nur noch auf der Couch“

Wolfgang („Molto“) Volkmer, früher Mitglied der Dakotas, hat indes die Gitarre aus der Hand gelegt. „Ich klimpere nur noch auf der Couch.“ Dafür hat er sich genetisch um die Zukunft der Musik verdient gemacht. Enkelin Victoria wirbelt parallel zur Harfe am Schlagzeug herum. Es bleibt abzuwarten, ob sie dem Opa nacheifert und eine waschechte Rocklady wird...

Von Michael Polubinski

Erinnerungen an Kurt Oster und die „Beathauptstadt“

Michael Polubinski FOTO: MARLIS KLEWIN
Michael Polubinski FOTO: MARLIS KLEWIN

■ Die „Roaring Sixties“ habe ich dank der Vestlandhalle in Recklinghausen intensiv erlebt. Das aus gleich drei Blickwinkeln: als eifriger Besucher der „Jugendbälle“. Dann als Amateurmusiker der Band The Crashers. Und schließlich als ehrenamtlicher Mitarbeiter des „Arbeitskreises Jugendförderung“.
Der Arbeitskreis rund um den kultigen „Beatvater“ Kurt Oster organisierte die legendären Beat Festivals. Dieser Band-Wettstreit mit jeweils 30 Bands an vier folgenden Sonntagen machte das damals beschauliche Recklinghausen zur „Beat-Hauptstadt Deutschlands“.
Ich spreche sicherlich für viele Zeitgenossen meiner Generation: Die Musik war Lebensgefühl pur. Einschließlich Kampf mit den Eltern um jeden Zentimeter der Haarlänge. Das war kein Protest. Wir wollten nur wie unsere Idole aus Liverpool oder London aussehen. Dass wir Musik gemacht haben, ließ Eltern und Jugendschützer frohlocken: Wir waren weg von der Straße. Michael Polubinski