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„EXZELLENTES OPERIEREN REICHT UNS NICHT”

Persönliche Therapiewege bei Brustkrebs

Im Brustzentrum am Standort Paracelsus-Klinik Marl wird auf eine ganzheitlich abgerundete Behandlung gesetzt.

Das Brustzentrum der Paracelsus-Klinik Marl setzt unter der neuen Leitung von Victoria Soos auf ganzheitliche Therapien.

Sechs Wochen lang war Karin Dietz schwer an Corona erkrankt. Doch gehadert hat sie damit nicht: Denn der Zufall wollte es, dass dadurch eine extrem bösartige Mikroverkalkung in ihrer Brust entdeckt wurde. So hatte sich die linke Brustwarze erst entzündet und dann auf das Doppelte vergrößert. Für die heute 60-Jährige fing damit eine Odyssee an von der Stanz-Biopsie, über mehrere Operationen bis hin zur vollständigen Brustentfernung und zum Aufbau von Implantaten. ,,Ich habe mich einfach für das Leben entschieden", sagt die Erzieherin, die gerade wieder anfängt, mit Kindern zu arbeiten, dabei ihre Mutter pflegt und ihren krebskranken Ehemann umsorgt. Eine Powerfrau, wie sie im Buche steht. Doch ohne die Hilfe des anerkannten Brustzentrums am Klinikum Vest hätte Karin Dietz das alles nicht geschafft.

Brustkrebs wirft das Leben Betroffener völlig aus der Bahn. Wer nach der schockierenden Diagnose schrittweise versucht, Ordnung in seine Gedanken zu bringen, sieht einen steinigen Weg vor sich: Das Leben in die Hand nehmen, Kräfte mobilisieren, Zuversicht tanken, während man sich mit Therapieoptionen auseinandersetzen, Entscheidungen treffen, für Angehörige stark sein muss, ist nicht immer leicht. Doch früh erkannt und leitliniengerecht behandelt, ist Brustkrebs häufig heilbar und hoffentlich bald ein abgeschlossenes Kapitel im Leben Betroffener.

Im Brustzentrum am Standort Paracelsus-Klinik Marl setzen die Experten deshalb auf eine ganzheitlich abgerundete Behandlung. Das heißt: Neben der bestmöglichen medikamentösen Therapie und der hochprofessionellen Schulmedizin bei den notwendigen Eingriffen möchten Gynäkologie-Chefarzt Dr. Carsten Böing sowie Victoria Soos, neue Leiterin des Brustzentrums, ihren Patientinnen auch seelischen Halt geben: ,,Exzellentes Operieren allein reicht nicht", so die gemeinsame Überzeugung. Einen neuen Akzent setzt das Team, das innerhalb des Hauses in ein breit gefächertes Spezialistenteam eingebunden ist, auf Selbstheilung.

Für Karin Dietz ein Geschenk des Himmels: „Ich bin überwältigt von der Nachsorge", sagt sie. Bei Yoga etwa könne sie ihre Seele energetisch reinigen, Hitzewallungen aufgrund der starken Medikamente überstehen, seelische Tiefs packen. Ähnliches gilt bei Pilates: Auch und gerade vor einer anstehenden Operation können Betroffene hier Kraft tanken. Eine Klangschalen-Reise sorgt für Ruhephasen. Die Aromatherapie wiederum entspannt nicht nur, sie kann das Wachstum der Krebszellen bremsen. Denn diese haben mehr Duftrezeptoren als gesunde Zellen und reagieren auf bestimmte Duftstoffe, erklärt Soos Ansätze der ganzheitlichen Therapie.

Wer lieber aktiv werden möchte, kann Schminkkurse besuchen oder sich bei netter Unterhaltung an der frischen Luft bewegen: Nordic Walking erhöhe nachweislich die Überlebensrate von Frauen mit Brustkrebs. Eine ausgewogene Ernährung wiederum könne das Risiko von Rezidiven senken. Deshalb bietet das Klinikum Vest spezielle Kochkurse an. „Es ist wichtig, Sorgen mit anderen zu teilen und zu überwinden", weiß Victoria Soos. Doch das gelinge mit Außenstehenden oft nur schwer. Es braucht Gleichgesinnte, zu deren Leben die Angst vor Krebs fortan dazugehört. Im Café Lichtblick haben sie die Chance, sich auszutauschen und gegenseitig aufzubauen.

Allein zu sagen: Ich gehe jetzt ins Café, um über meine Erkrankung zu sprechen, falle einigen Frauen schwer. Sie möchten sich vielleicht lieber anders beschäftigen, ablenken, etwas Kreatives schaffen und beispielsweise in einer Maltherapie Zugang zur inneren Welt finden. So jemand ist Tanja Schäfer. Vor zwei Jahren fühlte die 54-Jährige einen Knoten in der Brust, Diagnose Krebs. Ihr erster Gedanke damals: Wie lange hast du noch? In einer Kur lernte sie dann die Kunsttherapie kennen und lieben. „Ich habe zwar immer gerne gehandarbeitet und gewerkelt, aber dort erst festgestellt, wie entspannend das Malen ist und wie gut ich das kann."

So gut, dass sie jetzt ehrenamtlich die Maltherapie in der Paracelsus-Klinik leitet. Das Krankenhaus stellt Räumlichkeiten und Material zur Verfügung, die Frauen können dann einmal im Monat kostenlos Aquarelle, Acrylbilder oder auch Mutmachsteine oder Muscheln bemalen, mitnehmen, anderen Patientinnen schenken... Schäfers Erfahrung: Oft beginnen die Teilnehmerinnen mit dunklen Farben, zunächst sind die Motive düster. Doch mit der Zeit werden die Fortschritte sichtbar, das Verarbeiten der Gefühle, helle Farben kehren zurück." Erlaubt ist, was die Seele heilt. In der Maltherapie darf deshalb auch gestrickt werden. Jedenfalls so lange, bis Karin Dietz demnächst ihre eigene Strickgruppe für Betroffene gründet. Hier sollen zum Beispiel Bettsocken für Chemo-Patientinnen entstehen. 

Natürlich ist der intensive Austausch nicht nur unter Betroffenen, sondern auch mit den Medizinern wichtig. Victoria Soos stellt nicht nur regelmäßig in Vorträgen moderne Operationstechniken bei Brustkrebs vor, die onkologische Sicherheit und ein ästhetisch schönes Ergebnis kombinieren. Die Experten sind auch jederzeit - und Karin Dietz etwa weiß, dass das wörtlich gemeint ist - für eine Zweitmeinung sowie weitere Beratung erreichbar und besprechen persönliche Therapiewege.

Übrigens - kein Fortschritt ohne Forschung: Dank einer neuen Studienzentrale sollen Komplikationen in der komplexen Lymphknotenchirurgie auf ein Minimum schrumpfen und Funktionseinschränkungen der Arme nach einer Operation vermieden werden. Brustkrebs wird also auf höchstem Niveau ganzheitlich behandelt, und auch andere gynäkologische Krebsarten werden ebenso umfassend therapiert. Ina Fischer

Kontakt:

■ Brustzentrum in der Paracelsus-Klinik Marl
Lipper Weg 11
45770 Marl, Leitung Victoria Soos
Tel.: 02365 90-2404